Clavout, Constantin — Der Berg ruft 2010
Mensch und Einsamkeit: Wie zeigst du deine Träume an der Landschaft in deinen Fotografien?
Einsamkeit in der Landschaft wäre heute ein erstrebenswerter Zustand zum Schutz der Landschaft, sodass die Lebensressourcen für die kommenden Generationen nicht zu schnell verbraucht würden. Für uns Menschen als Gemeinschaftswesen auf Dauer aber nicht machbar. Es bleibt uns nur ein bewusster Umgang mit der Natur, um unsere Lebensbedingungen nicht unnötigerweise einzuschränken oder zu verschlechtern, denn die Natur braucht die Existenz des Menschen nicht. Wir sind eben nur ein Teil des Systems, aber mit scheinbar großer Auswirkung auf jenes und zum Nachteil für uns selbst. Ich suche ein Gleichgewicht, soweit wie möglich eine neutrale Position zu einer vom Menschen geschaffenen Situation einzunehmen. Die Traumvorstellung wäre dann von menschlicher Seite eine Art Symbiose mit der Natur einzugehen. Ob mir das gelingt in den Bildern sichtbar zu machen bin ich mir nicht sicher.
Welches Interesse hast du am Massentourismus? Oder: gibt es da auch Vorteile, Gewinne etc. emotionaler oder sonstiger Art?
Eigentlich keines. Ich denke, kurzfristig bringt der Massentourismus ökonomische Vorteile, langfristig aber viele Nachteile. Beispiel Südtirol: laut statistischen Daten hat dieses kleine Land ebensoviele Nächtigungen wie Griechenland oder Kanada. Die Folgen sind landschaftliche Zersiedelung, zunehmende extensive Nutzung von Natur, Landschaft und menschlicher Kapazität, Zunahme der Mobilität, einseitige Abhängigkeit, kulturelle Entwurzelung usw. Man könnte hier eine lange Liste erstellen, doch das schnell verdiente Geld würde die damit erkauften Nachteile niemals rechtfertigten.
Zur Darstellung des Gebirges: Wie kann mittels Fotografie deine Vorstellung des „Wesens des Gebirges“ dargestellt werden?
Mir geht es weniger um das Wesen des Gebirges als um eine distanzierte Sicht über das Medium auf die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft im alpinen Raum, um ein Hinterfragen der medialen Bilder in diesem Zusammenhang und von Bildmechanismen grundsätzlich. Meine Arbeit oszilliert zwischen dem schönen Schein einer sogenannten Realität und der Bildwirklichkeit; sie zielt hin auf eine Offenlegung der Mechanismen der Medien sowie auf die Forderung und Präzisierung der Wahrnehmung.
Natur und Technik: Wie unterscheidest du inspirierende und banale technische Interventionen? Bitte um Text und Bild
Ich unterscheide das in meiner Arbeit nicht, zumindest gibt es diesen Vorsatz nicht. Ich überlasse das dem Betrachter.
Gibt es Landschaften, die nach dem menschlichen Eingriff eine Qualitätssteigerung erhalten haben?
Ich glaube nicht , dass der Mensch in der Landschaft (Natur) eine Qualitätssteigerung durch seine Eingriffe erreichen kann. Es gibt zwar Interventionen mit einem höheren Anspruch im Umgang mit Natur- und Landschaft und die deshalb für den Menschen von größerem Wert in in Bezug auf seine Lebensqualität sind, aber letztlich bleiben es immer Eingriffe.
Wieso ruft auch dich der Berg?
Die Berge sind mein primärer Lebenskontext, dort bin ich geboren, liebe sie immer noch, muss aber auch manchmal davor flüchten, wenn es zu eng wird.
Was interessiert – nach deiner Meinung nach – den Betrachter deiner Fotografien?
Das ist individuell unterschiedlich, die Zugänge eröffnen sich je nach Informationsstand des Betrachteres.
Wie kann das „sehende Auge“ des Massentourists aktiviert und offen gehalten werden?
Sehend“ im Sinne, für das was er tut und für das, was ihn umgibt. Dazu gibt es wohl nur den Weg über die Sensibilisierung der Gesellschaft, dabei sind kritische Zeitgenossen, Politik, Kultur, alle Menschen denen Landschaft als Lebensraum wichtig ist, gefordert.
Was würden wir zwei tun, wenn wir zusammen in die Berge gehen würden?
Vielleicht würdest Du mir in den Dolomiten einen Klettersteig zeigen.
Kannst du mir ein Lieblingsbild bezüglich unserem Thema zuschicken?
Abyaneh, Iranisches Dorf liegt auf 2500 m ü.M. in der Provinz Isfahan/Iran. Abbgebildet im Buch: RECOLLECTION.
Veröffentlicht in: AL, Institut für Architektur und Raumentwicklung, Universität Lichtenstein, 2010